Wenn du denkst, es kommt nix mehr, kommt irgendwo ein Anstieg her

10. September 2017

So etwas macht man nicht mit einem alten schwellbäuchigen Mann! Doch, denn es hat Spaß gemacht!

Suhl ist um eine sportive Veranstaltung reicher geworden. Erst das Gerücht, dass Mirko Leffler einen neuen Trail organisieren will und dann irgendwann wurde aus dem Gerücht immer mehr Realität. Ein Trail direkt in Suhl und um Suhl herum. 
Nachdem ich nun vor 2 Monaten wieder in meine Heimatstadt zurückkehrte, war es schon fast Pflicht, wenigstens den Wichteltrail (17,4km; 559 Höhenmeter) zu absolvieren. Zwei Wochen später starten wir (Silvio, Nils und ich) in Berlin. So war der WT gestern der letzte richtige Trainingslauf statt eines langen flachen Laufes für Silvio und mich gebucht. Mit am Start stand nun auch unser neues lauffreund.de-Mitglied Christian. Christian und Silvio liefen den Wichtel komplett zusammen und natürlich weit vor mir.

Ein grobes Zeitziel hatte ich mir auch zurechtgelegt. Wenn alles glatt läuft, wollte ich die 559 Höhenmeter nach ca 3 – 3,5h hinter mir haben. Ich kenne zwar die Gegebenheiten im Thüringer Wald, hatte aber keine Ahnung, was auf mich zukam. Denn so wie ich Mirko und seine Gehilfen kenne, haben die Spaß daran, kleine Schweinereien einzubauen.

Zusammengefasst kann man sagen, dass kaum auf der Waldautobahn gelaufen wurde und die Strecke ihrer Bezeichnung ‹Trail› wirklich gerecht wurde.

Zu meiner Bewältigung des Trails gibt es Folgendes zu erzählen:

Nach ca 1,5 km kamen Stefan (Mitorganisator und Schwager meines Bruders) und Carsten (WTA/Hauptsponsor), zwei der Kaputten, die am Morgen um 5 Uhr schon losliefen und zu diesem Zeitpunkt schon gut 50 km mit fantastdrilliarden Höhenmetern in den Beinen hatten, schnatternd von hinten an mich ran. Beim Überholen wollte Stefan mich dazu animieren, mich an sie dranzuhängen, damit ich gut vorwärts komme. Witzbolde!

Kilometer 2 – der jüdische Friedhof im Wald. Ich bin platt! Jetzt schon?! Eine kurze Naturtreppe, die gefühlt senkrecht gebaut wurde und den letzten Kilometer ging es auch nur bergan. Das Teilnehmerfeld hatte sich zu diesem Zeitpunkt auch schon weit auseinandergezogen. Cirka 100 Meter vor mir ein kleines Grüppchen bestehend aus einem männlichen, scheinbar erfahrenen Begleiter zweier weiblicher Läuferinnen. An den Anstiegen musste ich sie immer ziehen lassen und bergab hatte ich wohl ein wenig mehr Mut und Erfahrung, so dass ich wieder ranlief.

Kilometer 4 – 5: Das schlimmste und schwerste, was ich bergan bisher in meinem 150jährigen Läuferleben zu bewältigen hatte. Im Dreißbachtal, nach einer kurzen Bergabpassage hat sich der Veranstalter natürlich die steilste aller Möglichkeiten ausgesucht, uns nach oben zu führen. Cirka 1 km ohne Seilbahn. Während des Anstieges hat meine Garmin schon zum siebten Mal vermeldet, dass ich das Tagesziel an Höhenmetern geschafft habe – nach nur 4,5 km! So anstrengend es auch war, kam das Ich-bin-Platt-Gefühl wie bei km2 diesmal nicht auf. Oben angekommen, bin ich noch solange gegangen, bis der Puls wieder unten war, um dann wieder in den Laufschritt zu verfallen.

So ging’s gemächlich weiter. Anstiege wechselten sich mit Anstiegen ab. Ab und zu durften wir auch bergab laufen, damit es anschließend wieder bergan gehen konnte.

Bei km 8 dann die Verpflegungsstelle auf der Steinsburg. Auch hier war ich noch nie. Ein angenehmes Fleckchen mitten im Wald (wie alles hier). Hier kreuzten sich die Wege derer, die schon wieder auf dem Rückweg waren und derer armen Wichtel, wie ich, die erst noch die «kleine» Schleife quer durch den Wald abseits der natürlichen Wege laufen mussten.
Diese kleine Schleife war wirklich nur 2 bis 3 poplige Kilometer lang aber hatte es auch in sich. Hier war es der pure Trail, der nichts mit normalen Wegen zu tun hatte. Umgestürzte Bäume bei denen ich schon eine Minute vergeutet hatte, um darüber zu sinieren, wie es für mich einfacher ist – drüber oder drunter. Ich hatte mich für drunter durch entschieden, da mir meine Beine für drüber doch zu kurz erschienen. 

Auf dieser Schleife war ich so ziemlich alleine unterwegs. Ab und an flog leicht beschwingt einer der 67er an mir vorbei, wo ich nur neidvoll und anerkennend hinterherblicken konnte. Aber mir ging es gut. Das war das Wichtigste. 

Mittlerweile hatte ich auch über die Hälfte der Strecke hinter mir und es ging nur noch nach Hause.

Ab und an schaute ich auch mal auf meine Uhr und stellte irgendwann fest, dass ich ja hauptsächlich nur noch bergab laufen musste und ich für 4 km 38 Minuten Zeit habe, um unter 3h zu bleiben. Auch kam da langsam das Gefühl der Freude in mir hoch, dass ich das heute schaffe. Innerlich lächelte ich bestimmt ein wenig. Ich lief, beflügelt durch mein neues Zeitziel recht flüssig. Mir kamen einige der 67er entgegen, die die Schleife noch laufen mussten.

Dann wurde mein Ziel jeh zerstört. Der Anstieg von km 4/5 muss auch auch wieder abgestiegen werden. Mittlerweile hat sich die Erde in Schlamm aufgelöst. Für den einen Kilometer habe ich fast 20 Minuten gebraucht. Vorsicht ist die Mutti vons die Porzelankiste… Da ich in zwei Wochen in Berlin laufen will, war mir das Risiko zu groß, dort zu mutig zu sein.

Endlich unten und jetzt nur noch 2 Kilometer nach Hause. Kurz drauf kam mir mein Brüderchen auf dem Rad entgegen und begleitete mich noch bis ins Ziel. Auf dem letzten Kilometer kam ich auch wieder an das kleine 3er-Grüppchen heran.

Die Meininger Straße wurde unterquert. Ein Schritt auf die erste Stufe der Treppe – platt. Jetzt darf gerne auf der Stelle Schluss sein. Ich wollte hier stehen bleiben. Aber es waren ja nur noch 250 Meter, die ich dann auch noch lief.

Am Ende kam ich nach 3h02min ins Ziel – glücklich und zufrieden. Nach langer Durststrecke habe ich mal wieder etwas sehr schwieriges gefinisht. Mein Kopf ist frei und ich bin fit für Berlin in zwei Wochen.

Die Premiere des Südthüringen-Trail war eine sehr gelungene und top organisierte Veranstaltung. Dank an Mirko + Team + Sponsoren für die Vermöglichmachung dieses Events! 

 

Gerne wieder!

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